Überraschung! Der Gastro-Test im Gasthaus Gentner in Spielberg lief für mich diesmal etwas anders ab. Denn ich ließ mich mit einem vorab unbekannten Drei-Gänge-Menü überraschen. Diese Option bietet das historische Gasthaus immer mittwochs bis freitags an, und das ist wirklich eine nette Idee. Noch dazu, weil man wählen kann zwischen einem normalen, einem vegetarischen und einem veganen Menü. Und wenn schon Überraschung, dann richtig: Ich habe mich für die vegane Variante entschieden und es nicht bereut.
Bevor es um die kulinarischen Feinheiten geht, möchte ich eine allgemeine Lanze für das Gasthaus Gentner brechen. Ein geschichtsträchtiges Anwesen, das 1672 erbaut wurde und für das nahegelegene Schloss Spielberg als Gasthaus und Brauerei diente. Die Wirtsleute waren über lange Zeit für das leibliche Wohl der Schlossbewohner und ihrer Besucher zuständig.
Was die beiden Schwestern Walburga Gentner und Maria Braun-Gentner 2004 aus dem elterlichen Gasthof gemacht haben, ist ganz wunderbar. Die Räumlichkeiten wurden mühevoll renoviert und dennoch authentisch-historisch eingerichtet. Kein alpiner Charme, kein modernes Ambiente – und das ist nicht abwertend gemeint. Beim Gentner sieht es aus wie in Großmutters guter Stube: Gemütlich, rustikal, fränkisch. „Wer den Gasthof betritt macht eine Zeitreise, denn so, wie er heute aussieht, sah er schon im 19. Jahrhundert aus“, sagt Familie Gentner.
Neben drei Speisestuben verfügt der Gasthof Gentner über mehrere Gästezimmer, die ich euch im Artikel zum Thema Sightsleeping schon einmal vorgestellt habe. Und im Sudhaus der ehemaligen Brauerei können heute rauschende Feste gefeiert und Kulturveranstaltungen abgehalten werden.
Regional und authentisch: Das gilt auch für Speisen und Produkte
So original-regional wie die Einrichtung soll im Gasthof Gentner auch das kulinarische Angebot sein. Auf der ersten Seite der Speisekarte erfahren wir: Das Gemüse kommt vom Gunzenhäuser Wochenmarkt, das Weiderind von der Angusmanufaktur Franken, die Fische aus dem nahegelegenen Heidenheim, Säfte und Cider vom Hesselberg und der Käse vom Schmalzmüller aus Wassertrüdingen, bei dem ich ja jüngst ein hervorragendes Käseseminar besucht habe. Äpfel, Birnen und Wildkräuter wachsen direkt vor er Haustür: Dort haben die Gentners eine „Obstarche“ für heimische und seltene Apfel- und Birnensorten angepflanzt.
Den Fokus auf Regionalität und Qualität bei der Auswahl der Lebensmittel würdigt auch der Slowfood-Genussführer mit einem eigenen Eintrag:
„Die Auswahl der Gerichte wird sorgfältig auf die regional verfügbaren Produkte und Mengen abgestimmt. Eine nachhaltig interpretierte Küche wie in diesem historischen Gasthof verarbeitet ohne Verluste alles, was die Vorratsräume an frischer Regionalware bieten. (…) Die bewusst klein gehaltene Speisekarte lässt das kulinarische Erbe Altmühlfrankens spüren. Bei den verwendeten Rohstoffen zielt man auf Produktqualität und authentische Herkunft. Küchenchef Oliver Marschall kocht damit traditionelle Gerichte mit einer kreativen Note.“
Das Überraschungsmenü: Unwissenheit, die sich lohnt
Nun wollt ihr aber bestimmt wissen, was es mit dem Überraschungsmenü auf sich hat. Im Gasthof Gentner kann man natürlich auch à la Carte essen. Wie aber im Genussführer schon erwähnt wurde: Die Karte ist recht übersichtlich. Das ist keinesfalls von Nachteil, aber angesichts dieser Tatsache entschied ich mich, das witzige Angebot mit dem Überraschungsmenü auszuprobieren.
Aus Neugierde wählte ich die vegane Variante, denn erstens esse ich gerne vegan, und zweitens finde ich es überaus lobenswert, wenn die Küche explizit auch rein pflanzliche Gerichte anbietet. Das lässt hoffen, dass diese auch wirklich schmecken (denn leider bekommt man in vielen Restaurants als veganes „Gericht“ noch immer recht schmacklose Beilagen). Um aber über den Tellerrand zu blicken, bestelle ich für meine Begleiter auch das normale Menü mit Fleisch.
Als Gruß aus der Küche servierte uns Walburga Gentner zunächst würziges Bauernbrot mit Bohnenaufstrich.
Das Brot kommt aus der Bäckerei Schroth in Heidenheim und überzeugte durch seine Würze und Luftigkeit. Das Bohnenmus – freilich dann auch vegan, weil es ja für alle am Tisch gedacht war – schmeckte sehr pikant und fand bei allen Testessern Anklang.
Erster Gang: Die vegane Variante war ein bunter Blattsalat mit Radieschen und Kernen. Auch ein paar pinke Granatapfelkerne fanden sich auf dem Teller, was zwar weniger regional ist, dem Salat allerdings einen fruchtig-säuerlichen Kick gegeben hat. Beim „Fleisch“-Menü wurde eine Griesnockerlsuppe in Rinderkraftbrühe serviert.
Als Hauptgericht wurden Rinderfiletspitzen in Pilzrahmsauce mit Dinkelspätzle aufgetischt. Nicht jedoch für mich: Die vegane Variante waren saftig herausgebratene Kartoffelspalten mit knackigem Gemüse und Kräuter-Seitling, garniert mit selbst gemachtem Wildräuterpesto. Ein äußerst leckeres Gericht, das hervorragend beweist, dass vegane Küche auch ganz ohne Tofu, Seitan und andere „Ersatzprodukte“ funktioniert. Einfache, regionale Gemüsesorten, hervorragend gewürzt – ein Schmaus.
Der letzte Gang des Überraschungsmenüs kam als Dessert in Form von Zitronensorbet auf hauchdünnen Ananas-Scheiben mit essbaren Blüten und Granatapfelkernen. Auch wenn der Nachtisch sehr lecker und sommerlich leicht war, so fehlte mir hier auch ein wenig die Regionalität. Ananas und Zitronen wachsen auf der Obstarche bestimmt nicht, dafür aber leckere Birnen und Äpfel. Ich muss aber an dieser Stelle betonen: Das ist Jammern auf hohem Niveau. (Die nicht-vegane Variante war übrigens ein sehr leckeres Nuss-Mousse mit Walnuss-Eis).
Fazit: Überraschung geglückt!
Das Überraschungsmenü kann ich wirklich jedem ans Herz legen, der gewillt ist, sich auf etwas Neues einzulassen. Einfach mal nicht minutenlang unentschlossen über der Speisekarte brüten, sondern ganz gelassen der Dinge harren, die da kommen. Denn im Gasthaus Gentner sind alle Dinge, die da kommen, überaus lecker – egal, ob man nun die Fleischvariante wählt oder vegetarisch/vegan! Insgesamt eine (mit wenigen Ausnahmen) absolut authentische, fränkisch-gehobene Küche in historischem Ambiente.
Gasthof Gentner
Spielberg 1, Gnotzheim
Tel 09833 / 98 89 30
info@gasthof-gentner.de
Öffnungszeiten:
Mi-So und feiertags von 11.30 bis 14 Uhr und 18 bis 23 Uhr. Montag/Dienstag Ruhetag.
Überraschungsmenü oder Sonntagsmenü auf Vorbestellung.