Im Fränkischen Seenland werden während der Faschingszeit jahrundertealte Bräuche praktiziert. Gruselige Gestalten in Lumpen, deren Holzmasken furchteinflößende Grimassen schneiden, ziehen brüllend und Peitschen knallend durch die Gassen – und die Menge am Straßenrand johlt und jauchzt vor Vergnügen. Was ist das für ein Brauch und woher kommt diese eigenartige Mischung aus Grusel, Faszination und Spaß?
Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, wie viel Schiss ich als Kind vor den Flecklis oder Hexen hatte. Aber trotzdem waren sie immer auch faszinierend, ich konnte meinen Blick kaum abwenden von den fratzenähnlichen Gesichtern.
Hummeln, Flecklis, Flecklasmännla, Flecklashexen, Woldschebberer – in fast jedem Ort in Franken gibt es unterschiedliche Namen für die Dämonenvertreiber. In ihren Lumpenkitteln und geschnitzten Holzmasken ziehen sie in vielen Ortschaften bei Brauchtums- und Faschingsumzügen um die Häuser, dazu erklingt kreischende Guggenmusik. Nicht nur für Einheimische eine beliebte Tradition, sondern auch für Touristen ein faszinierendes Spektakel!
Heidnischer Brauch: Der Winter wird ausgetrieben
Ihren Ursprung haben die gruseligen Gestalten eigentlich gar nicht im Fasching. Fasching oder Karneval ist eine christliche Tradition und soll den Beginn der Fastenzeit einläuten. Die Hummeln, Flecklasmänner und wie sie sonst noch heißen, sind hingegen ein heidnischer Brauch. Mit ihren furchteinflößenden Gesichtern, dem imposanten Auftreten, dem lauten Geschrei, dem Peitschenknallen und der Guggenmusik soll der Winter ausgetrieben werden. Und auch böse Geister und Dämonen.
Lange Zeit zogen die Fleckli in den Orten durch die Straßen und Wirtshäuser, um dort ihren Lohn (Essen und Bier) für das Austreiben des Winters einzufordern.
Die Pleinfelder Hummeln waren von der Kirche verboten
In Pleinfeld lassen die „Hummeln“ ihre Peitschen knallen, sodass so mancher Zuschauer erschrocken aufspringt. Damit (und mit ihren gruseligen schwarzen Masken) wollen sie den Winter vertreiben, der in Form eines Hörnerbocks auftritt. Schon 1793 wird der Brauch urkundlich erwähnt, sagt der Pleinfelder Hummel e.V.. Ein heidnischer Brauch, den die Katholische Kirche gar nicht gern sah – und so wurde das Faschingstreiben vom Eichstätter Bischof verboten.
Heute aber schnitzen die Pleinfelder wieder eifrig die traditionellen Masken. Die Hummeln haben ein finsteres, schwarzes Gesicht, gelbe oder rote Augenbrauen, eine markante Nase, einen gelben oder roten Bart und nach unten gezogene Zahnreihen. Die Maske des Hörnerbocks hat im Gegensatz zur Hummelmaske einen Vollbart, ist gesichtsfarben und trägt Hörner.
Fleckli, Mini-Fleckli und Hopfenhexen aus Spalt
Im Nachbarort Spalt hingegen heißen die Geister- und Dämonenaustreiber Fleckli. „Der Name bezieht sich auf die Maskentracht, die aus groben Sackleinen gefertigt ist. Am ganzen Gewand sind kleine, rautenförmige Stoffreste (Fleckli) angenäht, die zu abwechselnd schwarzen und roten Reihen senkrecht angeordnet sind“, so die Erklärung des örtlichen Karnevalsvereins.
Es gibt normale Fleckli (Lumpenmänner mit gruseligen Holzmasken), Mini-Fleckli (Kinder mit gruseligen Holzmasken) und die Spalter Hopfen-Hex‘n (Frauen in grusligen grün-weißen Holzmasken). Beim Brauchtumsumzug am Rosenmontag oder beim Faschingsumzug am Faschingsdienstag ziehen sie in großer Zahl durch die Gassen der Altstadt. Dabei werden sie traditionsgemäß von Kindern und Jugendlichen geneckt, etwa mit dem Spruch: „Fleckla, Fleckla hast am Arsch a Dreckla!“ Die Antwort der gruseligen Männchen ist meist ein Klaps mit dem Reisigbesen.
Hilpoltsteiner Flecklasmänner sind auf dem Vormarsch
Ähnlich ist es in Hilpoltstein mit den Flecklasmännern: Diese werden traditionell mit Reimen aus der Bevölkerung begleitet. „Flecklasmo, hast Klamperla dro, hast all derfrorn, bist bucklert worn. Gänskrong, Saumogn, derf ma nimmer song.“
Die Hilpoltsteiner Flecklasmänner haben rote Rauten auf ihren Gewändern, bis zu 2000 Stück nähen die Mitglieder des Brauchtumsvereins selbst auf jedes ihrer Kostüme. Die Rauten waren früher ein Symbol für den Frühling. Aber auch Fleckengewänder aus Stofffetzen findet man bei den Hilpoltsteinern.
Auch in Hilpoltstein erlebte das Winteraustreiben nach längerer Stille ein fulminantes Comeback. Der Brauchtumsverein wurde 2007 gegründet und ist bemüht, die Tradition an künftige Generationen weiterzugeben (hierzu ein toller Beitrag des Bayerischen Rundfunks über die Hilpoltsteiner Flecklasmänner).
In Mitteleschenbach gehen Fuchs und Woldschebberer um
Die Woldschebberer und Mönchswaldfüchse treiben in Mitteleschenbach ihr Unwesen. Bei den beiden Brauchtumsfiguren wird schnell klar, dass der nahegelegene Mönchswald für Mitteleschenbach eine große Bedeutung in Brauchtum und Tradition hat: Die Woldschebberer, Woldgeischder und Waldfeen sind an Sagen und Mythen rund um den Mönchswald angelehnt und ihr Haupt wird von grünen Blättern geziert.
Das Antlitz der Mönchswaldfüchse ist, wie der Name schon sagt, dem von Füchsen nachempfunden. Man erzählt sich nämlich, dass die Mitteleschenbacher Bauern früher nicht nur ein Zehntel von Ernte und Vieh an ihre Grundherren abgeben mussten, sondern auch an die listigen Füchse aus dem nahegelegenen, tiefen Mönchswald. Ganz nach dem Motto: Fuchs, du hast die Gans gestohlen.
„Aus dieser Historie heraus hatten 1969 unsere Gründungsväter des Faschingsvereins den Fuchs für ihr Vereinswappen gewählt“, berichtet der Faschings- und Brauchtumsverein. „Im Frühjahr 2009 dann wurde die Fastnachtsfigur des Mitteleschenbacher Mönchswaldfuchses entworfen.“
Die hangeschnitzten Fuchsmasken gleichen einem schlauen, listig dreinschauenden Fuchs mit rot-braunem Gesicht und grau-weißer Schnauze. Auf dem Kopf sitzt eine Haube aus echtem Fuchsfell, dessen Läufe bis unter die Brust fallen.
Ein Brauch, den man gesehen haben muss! – Termine 2019
Egal ob Woldschebberer, Fleckli, Füchse, Hummeln oder Flecklasmänner: Das Winteraustreiben – eingebettet im Fasching – ist eine Tradition, die man gesehen haben muss. Egal ob als Einheimischer oder als Besucher!
- Brachtumsumzug Hilpoltstein: Sonntag, 3. Februar, 14 Uhr
- Hummelremmidemmi Pleinfeld: Sonntag, 17. Februar, 14 Uhr
- Faschingsumzug Wolframs-Eschenbach: Sonntag, 24. Februar, 14 Uhr
- Gmünder Gaudiwurm: Samstag, 2. März, 14 Uhr
- Brauchtumsumzug Spalt: Montag, 4. März, 19.30 Uhr
- Faschingsumzug Spalt: Dienstag, 5. März, 14 Uhr