Die Pflugsmühle. Bei dem Namen spuckt mein Hirn sofort ein Mischmasch an Erinnerungen aus: Obatzder, Helles, Party, Hasen, Kinder, Natur, Glück. Und der Satz „Komm, wir gehen in die Pflugsmühle“ geht eigentlich auch immer. Denn ein Besuch dort ist jedesmal ein Highlight. Sie ist eine DER Allrounder Locations im Fränkischen Seenland. Man kann gemütlich im großen Biergarten einkehren, ein schickes Candle Light Dinner genießen, Outdoor Action mit der Familie unternehmen, Tiere füttern oder in der gemütlichen Scheune Hochzeit feiern. Und tatsächlich, als wir vormittags an der Pflugsmühle ankommen, steht dort noch das geschmückte Brautauto der vorabendlichen Hochzeit von Freunden.
Ich gebe zu, ich wusste natürlich schon immer, dass es dort ein Fahrradmuseum gibt. Direkt am Parkplatz steht auch ein riesiges, dezent darauf hinweisendes Hochrad und auch durch die verglaste Tür hab ich schon mal versucht zu lunzen, aber wirklich rein geschafft hab ich es bisher nie. Bis jetzt! Denn jetzt war wieder offizieller Saisonstart im Fahrradmuseum. Die Kids waren bei den Großeltern untergebracht und wir hatten endlich mal Zeit das Museum zu erkunden, anstatt immer nur die Hasen zu füttern. (Das obligatorische Alpaka-Foto haben wir aber trotzdem gemacht).
Mehr Informationen
- Der Biergarten Pflugsmühle ist ab 18. Mai wieder regulär geöffnet.
- Die Öffnung des Fahrradmuseums erfolgt zur Zeit auf Anfrage: Bitte erkundigen Sie sich auf der Homepage oder fragen Sie direkt beim „Radsherr“ Herrn Walter nach.
- Die Pflugsmühle ist auch eine der KuLiNa-Tour Stationen. Die Tour im westlichen Landkreis Roth bietet eine Vielfalt an Genüssen und original regionale Spezialitäten.
- Das bekannte „Pflugsmühler Brot“ wird hier in der hofeigenen Bäckerei noch in Handarbeit hergestellt. Sauerteig, Mehl, Wasser und Salz – sonst nichts.
Der Herr der Räder
Gleich mal vorneweg: Fahrrad ist eigentlich nicht so mein Ding. So richtig genutzt hab ich mein Bike früher nur, um zur Kärwa hin und von dort wieder heim zu kommen… Aber jeder, dessen Herz auch nur ein ganz klein wenig für Geschichte und nostalgische Dinge schlägt, wird im Fahrradmuseum Pflugsmühle seine Freude haben.
Ein schmaler Fußpfad führt uns also am Alpaka Gehege entlang zu einem unscheinbaren Nebengebäude wo wir vom „Radsherr“ Helmut Walter persönlich empfangen werden. Und man merkt sofort: Er präsentiert die Fahrradgeschichte nicht nur, nein, er lebt sie. Und wer die Augen und Ohren offen hält, kann Helmut Walter auf vielen Festzügen und Veranstaltungen live erleben. Und zwar hoch zu Sattel, in historischem Anzug und Hut. Denn viele seiner zweirädrigen Schätze, so auch die alten Hochräder, sind nicht nur zum einsam Verstauben gedacht, sondern zum Erleben.
„Die Leute sollen erleben können was es alles gab.“
Nostalgie auf zwei Rädern
Mehr als 200 Fahrräder beherbergen zwei Räume, bis in die hinterste Ecke gut gefüllt. Jedes Rad und jedes noch so kleine Zubehörteil ist liebevoll inszeniert. Man taucht sofort ein in die unterschiedlichen Welten der Radgeschichte. Von Kriegshinterlassenschaften, 60er Jahre Tapeten bis hin zum Dreirad der 90er – man kommt aus dem Kucken gar nicht mehr heraus, überall präsentieren sich kuriose Raritäten und immer wieder hört man von irgendwo ein „Ach schau mal hier, wie damals.“
Helmut Walter führt uns nun sehr unterhaltsam durch die verschiedenen Jahrzehnte. Zu jedem Rad weiß er eine passende Anekdote: Zum Beispiel über die damals begehrte „Hundepeitsche in besonders breiter Ausführung“, welche benutzt wurde wenn Vierbeiner (und manchmal auch Zweibeiner…) beim Fahrradfahren den Weg versperrten.
Das Besondere der Ausstellung: Wenn der Radsherr mal wieder ein neues Stück ergattert hat, ist die Geschichte dahinter, das Erste was ihn interessiert. Wer hat es benutzt, wo wurde es gefahren, was wurde später damit? Aufpolieren und restaurieren? Fehlanzeige! Das Rad bleibt genau so wie es ist. Und wenn es an einer Stelle mit Klebeband fixiert wurde, dann hatte das auch seinen Grund und darf bleiben. Und genau diese Dinge erzählen uns heute die vielen kleinen Geheimnisse früherer Zeit.
„Restaurieren? Das wär plastische Chirurgie,
da is dann ka Charakter mehr dran.“
Von Pferdeköpfen auf Lenkern
Neben der ersten Laufmaschine und den akrobatischen Hochrädern sind auch die „Cavallo Reiträder“ Herzstücke der Ausstellung. Durch Auf- und Ab Bewegung der Beine kommt man damit voran. Irgendwie. Denn mit dem in die Pedale treten, wie wir es kennen, hat das so gar nichts zu tun, eher mit dem Aufpumpen einer Luftmatratze. Mittlerweile kann der Radsherr 15 Stück davon sein Eigen nennen und diese werden tatsächlich auch regelmäßig ausgefahren. Beim regelmäßigem „Cavallo-Reitrad-Treffen“ gibt es eine Rundfahrt mit anschließender gemeinsamer Einkehr. Ein spaßiges Spektakel für die Beteiligten, aber auch für die Zuschauer. Das Nächste und mittlerweile vierte Treffen findet übrigens am 3. Oktober statt. Treffpunkt Fahrradmuseum Pflugsmühle.
Aller Anfang ist schwer
Im Anschluss an unsere Führung, welche wirklich sehr gut besucht war, dürfen wir die Hochräder und Cavallos auch noch selbst Probe fahren. Ich sag mal so, Übung macht den Meister. Nach einigen Fehlversuchen beim Anfahren schaffe ich es dann doch noch ein paar Meter zu rollen. Bis zur nächsten Kurve…
Viele Klassiker aus der Region sind ebenfalls im Museum vertreten: Hercules, Triumph, Express. Nürnberg war ja schließlich mal DIE Hochburg im Fahrradgeschäft. Allerdings ist heute davon nichts mehr übrig. Doch das Fahrrad boomt ja gerade wieder. Und auch bei uns im Fränkischen Seenland sprießen wieder kleine feine Fahrradläden aus dem Boden.
Zum Beispiel das Velovita in Weißenburg,
die Bikerei in Pleinfeld oder das Urgestein Charly’s Radlstadel direkt am Igelsbachsee. Und wer weiß, vielleicht findet man ja hier in der Pflugsmühle irgendwann das erste E-Bike neben der Laufmaschine stehen und erinnert sich lächelnd an die neue Ära der Ladestationen.
Übrigens, alles was ihr schon einmal über E-Bikes & Co. wissen wolltet, wie das Ganze genau funktioniert und wo man selbst einmal Probefahren kann, findet ihr bald hier auf dem Fränkischen Seenland Blog.