Als das Fränkische Seenland noch von Landwirtschaft geprägt war und Bauernhöfe das Dorfbild dominierten, markierte der 2. Februar ein ganz besonderes Datum: Es war für Mägde und Knechte der Stichtag für ihr Beschäftigungsverhältnis auf einem Bauernhof. Denn dann endete beziehungsweise begann ihre Dienstzeit. Eine Tradition aus einer scheinbar anderen Zeit, die in manchen Dörfern im Fränkischen Seenland nach wie vor gefeiert wird.
Ich erinnere mich noch an eine meiner erste Lichtmessfeiern in Wald – beim Reiterhof Altmühlsee wurde die damals gefeiert. Mit der Walder Dorfmusik, den Gmabüschsängern und einem kleinen Theater. Wer sich das ausgedacht hatte, weiß ich nicht mehr. Es war vermutlich der Herrmanns Erich aus Unterhambach. Alle hatten sich eine alte Tracht angezogen. Es gab Kraut und Fleisch, Bratwürste und natürlich Striezel und „Feierschboodzn“ (Feuerspatzen). Ein Festtagsessen. Es war recht zünftig, das Bier floss und die Gespräche waren lustig. So geht das jedes Jahr. Immer ein anderes Dorfwirtshaus. Immer am 2. Februar. Die Akteure ändern sich. Wobei die Dorfmusik eine Konstante ist. Es wurde sogar einmal ein Königlich Bayerisches Amtsgericht aufgeführt. Eine legendäre Inszenierung!
Historische Quellen für Lichtmess
Was da in Wald, Unterwurmbach, Büchelberg und in anderen Orten normalerweise am 2. Februar gefeiert wird, ist das Ende oder besser der Start ins neue Dienstjahr für Knechte und Mägde. Früher allerdings gab es an Lichtmess kein Fest, erklärt der Gunzenhäuser Stadtarchivar Werner Mühlhäußer. „Das ist eine Erfindung der neueren Zeit“, so Mühlhäußer. Für den dazugehörigen Lichtmessmarkt am Sonntag nach dem 2. Februar, finden sich einige Zeitungsinserate im Archiv. Mehr ist zu der Lichtmesstradition dort nicht zu finden.
Mathilde Wolf erinnert sich
Dafür muss ich mir andere Quellen suchen. Mathilde Wolf aus Streudorf war 1982 im Vorstand des Heimatvereins Wald-Streudorf, als die Lichtmessfeier ins Leben gerufen wurde. Wer, wenn nicht sie kann mir weiterhelfen. Die heute 94-Jährige hat die Tradition der Dienstboten noch selbst miterlebt. Wolf ist auf einem großen Bauernhof aufgewachsen, auf dem Knechte und Mägde angestellt waren.
Zeugnis-Büchlein für Mägde
„Die Dienstboten sind an Lichtmess gewandert“, erinnert sich Mathilde Wolf. Ungefähr ein Vierteljahr vor dem 2. Februar hat der Bauer Knecht und Magd gefragt, ob sie bleiben. Wenn das bejaht wurde, bekamen sie an Lichtmess ihren Lohn und es lief alles weiter, wie bisher. Verließ der Knecht oder die Magd den Hof, musste der Bauer in ein Büchlein eintragen, wie er gearbeitet hat. „Wie ein Zeugnis“, erklärt die Mathilde Wolf.
„Leihkauf“ und Pantoffel
Die Suche nach neuen Angestellten begann. Der Bauer musste sich umhören. „Eine Magd kam meistens mit ihrem Vater zum Vorstellen“, so Wolf. Dann wurde auch der Lohn ausgehandelt. Knechte bekamen ungefähr 150 Mark, Mägde ein bisschen weniger. „Aber sie haben sich dazu zum Beispiel eine Schürze oder Pantoffeln eingedingt“, erzählt die Streudorferin. Wenn die Sache ausgemacht war, bekamen die neuen Angestellten den sogenannten Leihkauf. „Das waren ein paar Mark, eine Art Vorschuss“, weiß Mathilde Wolf.
Gitter am Zimmerfenster
Große Bauern hatten manchmal sogar zwei Mägde. „Das waren dann die Großmaad und die Glaamaad.“ Auf dem Bauernhof der Familie von Mathilde Wolf hatten die Magd und der Knecht jeweils eine Kammer im Stall. (Am Zimmerfenster der Magd war ein Gitter angebracht worden. Sicher ist sicher.) Sie waren beinahe wie Familienmitglieder. Die Mägde molken die Kühe oder machten „Wellen“. Die Knechte mussten ausmisten, füttern, Feldarbeit verrichten, Holz machen oder Besen aus Reisig binden. Das Leben der Knechte und Mägde war meist einfach und von harter Arbeit geprägt.
Kriegszeiten mit einem ukrainischen Knecht
Mit dem zweiten Weltkrieg wurden die Knechte eingezogen. Das Regime schickte als Ersatz zivile Gefangene zum Beispiel aus der Ukraine. So auch auf den Hof von Mathilde Wolf. Der junge Mann sprach kein Deutsch. „Wir haben ihn trotzdem verstanden. Und ich habe ein bisschen russisch gelernt“, erzählt die Streudorferin. Als nach dem Krieg die damals Gefangenen zurück in ihre Heimat kehrten, blieb der Knecht aus der Ukraine bei der Familie Wolf. „Er hatte Angst, dass er nach Sibirien muss“, berichtet Mathilde Wolf. Er starb 1951 nach einer Krankheit in Streudorf.
Keine Knechte und Mägde mehr
Mit Einzug der Landmaschinen und dem wirtschaftlichen Aufschwung fanden die Bauern kaum noch jemanden, der als Knecht oder Magd arbeiten wollte. Andere Arbeitsplätze versprachen geregelte Arbeitszeiten, leichtere Arbeit und mehr Geld. So starb der Beruf des Knechts und der Magd langsam aus. Und damit die Lichtmess-Tradition des Dienstbotenwanderns. Wären nicht einige engagierte Bürger gewesen, wäre dieses jährliche Ritual vermutlich komplett in Vergessenheit geraten. Aber so wird in einigen Dörfern im Fränkischen Seenland jedes Jahr aufs Neue am 2. Februar mit Bier, Bratwürsten und Striezeln an diese Tradition erinnert.