Unser täglich Brot: Für die meisten ganz selbstverständlich. Kann man überall kaufen, egal ob Bäckereifiliale oder Supermarkt. Kommt in den verschiedensten Ausführungen, von Gewürzbrot bis Vollkorn. Ja, wir Deutschen legen scheinbar viel Wert auf unser Bäckereihandwerk. Jedoch: Wirklich echtes, handwerklich hergestelltes Brot wird immer rarer. Worauf es beim Brotbacken ankommt, was das Besondere am deutschen Brot ist und warum Brot viel mehr kann, als nur die Unterlage für Wurst zu sein, hab ich bei einem Seminar im Walder Dorfladen gelernt. Und wer den Duft von frischen Backwaren liebt, sollte unbedingt am kommenden Wochenende das Brotbackfest in Wald besuchen.
Nirgendwo auf der Welt gibt es mehr Brotsorten als in Deutschland. Was Brot angeht, sind wir Weltmeister. Mehr als 3.200 Sorten sind hierzulande bekannt, sagt Andreas Ringerer. Er ist Sommelier – aber nicht für Bier oder Wein, sondern für Brot. Wenn man drüber nachdenkt, macht das durchaus Sinn: Wie Bier und Wein ist Brot auch ein landwirtschaftliches und handwerkliches Erzeugnis, dessen Herstellung viel Fachkenntnis erfordert und in seiner Einfachheit ebenso vielfältig ist.
An einem Abend Ende März ist Brotsommelier Andreas Ringerer aus Ulm zu Gast im Dorfladen in Wald, nur ein paar hundert Meter vom Altmühlsee entfernt. Die Walder feiern jährlich ihr Brotbackfest (heuer am 16. Juni) und da ist es nur logisch, sich vorab mal mit der theoretischen Seite des Backens und Essens zu beschäftigen.
Brotbacken: Eine jahrtausendalte Tradition mit Reinheitsgebot
Zu Beginn gibt Andreas Ringerer einen kurzen geschichtlichen Abriss der langen Brotbacktradition: Seit mehr als 20.000 Jahren backen die Menschen Brot, damals noch als simple Fladen über Feuerstellen. Seit etwa 1.300 Jahren gibt es in Deutschland den Beruf des Bäckers – und außerhalb dieser Bäckereien wird erst seit etwa 150 Jahren Brot gebacken. Lange Zeit war das Backen also ein wichtiger Handwerksberuf, um die Versorgung mit dem täglichen Brot zu gewährleisten.
Wie gesagt: Mehr als 3.200 Brotsorten gibt es in Deutschland. So viel, wie sonst nirgends auf der Welt. Das liegt vor allem auch an der Getreidevielfalt hierzulande: Weizen, Roggen, Gerste, Dinkel; dazu Körner, Kerne und Nüsse: Kürbiskern, Sonnenblumenkerne… und so weiter. Wie auch beim Bier gibt es in Deutschland übrigens eine Art Reinheitsgebot für Brot: Darin ist z. B. festgelegt, welche Bestandteile ein Roggenmischbrot haben darf.
Wie verkostet man Brot?
Als Brotsommelier ist Andreas Ringerer darin geschult, Brot zu schmecken. „Mehr als 500 verschiedene Aromen kann man prinzipiell beim Brot unterscheiden“, erklärt er. „Grob eingeteilt gibt es vier Grundrichtungen: Fruchtig, gärig, röstig und würzig.“ Gewürze wie Anis oder Kümmel im Brot waren früher den reicheren Leuten vorbehalten, denn sie waren ein Zeichen von Wohlstand.
80 Prozent des Geschmacks steckt dem Experten zufolge allein in der Kruste – und diese gibt es übrigens meist nur noch richtig bei handwerklich hergestellten Broten. „Bei industriell gefertigen Broten oder Laiben aus dem Discounter gibt es keine richtige Kruste, da diese tiefgefroren angeliefert und nur noch aufgebacken werden“, sagt Ringerer.
Das Brot, das wir nun aber im Walder Dorfladen probieren dürfen, ist handwerklich gebacken. Und zu jeder Brotsorte gibt es einen aromatisch passenden Aufstrich und Getränk. „Das Brot zusammen mit diesen Komponenten ist für mich wie ein geschmackliches Konzert“, schwärmt der Sommelier. Es gibt Brot ohne alles, Brot mit Butter. Sauerteig-Roggenbrot mit Obazda, Semmelknödel und Radieschen. Dazu ein Bier. Vollkorn-Dinkel-Emmer-Brot mit Honig, dazu Wein. Und Ich bin überrascht: Ich mochte Brot schon immer. Aber so bewusst, wie an diesem Abend, habe ich es noch nie geschmeckt.
Brotbackfest in Wald am 16. Juni
Wer mehr über das traditionelle Brotbacken erfahren oder einfach nur ein gutes, handwerklich gebackenes Brot probieren will, dem lege ich das Brotbackfest in Wald am kommenden Wochenende ans Herz. Bäckermeister Joachim Horn und sein Sohn zaubern einen Tag lang Köstlichkeiten aus dem alten Ofen beim Walder Dorfladen.
Los geht es beim Frühschoppen mit frisch gebackenen Brezen um 11 Uhr. Im Lauf des Tages gibt es dann frisch aus dem Ofen verschiedene Sauerteig- und Vollkornbrote, am Nachmittag heißen Hitzplatz, Kaffee und Kuchen. Die Kinder dürfen sich am Lagerfeuer ein Stockbrot rösten.