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Dirndl und Lederhose? Von wegen! So sieht fränkische Tracht wirklich aus

Wir stecken gerade mittendrin in der Kirchweih-Saison im Fränkischen Seenland. An diesem Wochenende fällt in Weißenburg der Startschuss für die zehntägige Körwa und Anfang September folgt auch die Gunzenhäuser Kerwa. Und wie es sich traditionell in Bayern gehört, tragen die Besucher in den Bierzelten natürlich Dirndl und Lederhosen. Oder? Tja, genau da liegt der Hase im Pfeffer! Dirndl und Lederhosen kommen aus Oberbayern. Die traditionelle fränkische Tracht sieht eigentlich ganz anders aus…

Das mit den Bayern und den Franken ist ja immer so eine Sache. Eigentlich wollen die Franken gar keine Bayern sein. Sie verehren den „Glubb“ anstelle des FC Bayern München. Sie essen Schäufele statt Schweinshax’n. Trinken Weizen statt Weißbier und weiß-blau ist in Franken sowieso nix. Sondern weiß-rot. Komisch also, dass die Franken ausgerechnet bei der Tracht, der nach außen getragenen Identität, so unbekümmert die bayerische Tradition annektieren. Karierte Dirndl mit Schnürung und Edelweiß-Knöpfen und Krachlederne mit Latz und Charivari sind ungefähr so traditionell fränkisch wie eine vorgebrühte Bratwurst.

Wie aber sieht sie denn dann aus, die fränkische Tracht? 

„Ein ganz typisches Erkennungsmerkmal für die Tracht der Frau ist der sogenannte Schnäpper“, erklärt mir Annette Wüstner. „Außerdem gibt es beim Oberteil keine Schnürungen, sondern doppelreihige Knöpfe.“

Annette Wüstner ist Inhaberin der Schneiderei „Kleiderstolz“ in Dinkelsbühl und sowas wie eine zertifizierte Dealerin für Fränkische Tracht. Denn „Kleiderstolz“ ist eine von nur drei Schneidereien, die mit der Trachtenforschungsstelle des Bezirks Mittelfranken zusammenarbeiten. Gemeinsam mit der Forschungsstelle werden traditionelle Schnitte und Stoffe ausgesucht, aus denen dann authentische, fränkische Tracht entsteht.

Zurück zum Schnäpper. Der Schnäpper ist ein dreieckiges oder spitz zulaufendes Stoffstück und befindet sich meist hinten an der Corsage der Frauenkleider; egal ob das Kleid nun ein Ein- oder Zweiteiler ist. Aber auch vorne kann ein Schnäpper leicht angedeutet sein.

Foto: Kleiderstolz.de

Ebenfalls typisch: Zweireihige Knöpfe. Foto: Kleiderstolz.de

Die Männer können zwar Lederhosen tragen, aber diese sind nach traditionell fränkischer Art schwarz, gehen über’s Knie und haben keinen Latz. Alternativ sind die Hosen aus Stoff. Anstelle des historischen „Gehrocks“ trägt man dazu eine Jacke, eine Weste und ein schlichtes Leinenhemd. „Am Kragen trägt der Mann anstelle einer Krawatte das sogenannte Knipferla, ein geknüpftes Halstuch“, erklärt die Expertin. „Und Hornknöpfe gibt es nicht, sondern Silberknöpfe. Zum Beispiel mit der Prägung des Fränkischen Rechens.“

 

Foto: Kleiderstolz.de

Was die Farben betrifft: Da machte man früher tatsächlich einen Unterschied zwischen katholischer und evangelischer Tracht. „Die evangelische Tracht war bestimmt von dunklen, gedeckten Farben“,  weiß Annette Wüstner. „Die Katholiken hingegen trugen durchaus mal ein kräftiges Rot, violett oder grün.“

Heute ist die Konfession kaum noch von Bedeutung. Annette Wüstner hat in ihrem Atelier zig verschiedene Stoffe in gedeckten sowie bunten Farben und wer sich eine Tracht schneidern lässt, hat die freie Auswahl. Trotzdem: Grell, kitschig oder gar „bayerisch“ sind die Stoffe nie. „Karierte Stoffe, Hirsch-Drucke oder Ähnliches findet man hier nicht“, sagt die Schneiderin. „Die Stoffe hier sind alle aus deutscher Produktion und sind von der Trachtenforschungsstelle abgesegnet.“

Das Schöne an der Fränkischen Tracht: Sie funktioniert nach dem Baukastenprinzip. Corsage, Rock, Schürze und Bluse können als ein komplettes Outfit getragen werden, aber auch einzeln. „Es gibt viele – gerade Trachten-Anfänger – die sich erst mal wohler fühlen, wenn sie eine Trachtencorsage zur Jeans tragen“, weiß die Schneiderin. „Viele kaufen sich auch eine Tracht mit weißer Brautschürze und ziehen das als Hochzeitskleid an und danach kaufen sie sich eine neue Schürze und tragen die Tracht zu anderen Anlässen.“

Überhaupt ist für die Maßschneiderin ganz wichtig, dass die Tracht authentisch ist. „Viele kaufen sich ein bayerisches Dirndl und gehen dann einmal im Jahr damit auf die Kirchweih. Das ist nicht authentisch, sondern eine Verkleidung“, findet Annette Wüstner. Eine Art Trachtenfasching also. „Aber um die Tracht in der Gegenwart zu erhalten, muss sie auch außerhalb von Volksfesten getragen werden. Sie muss ins Leben integriert werden, nur dann ist es authentisch.“

Auch unsere Seenlandköniginnen tragen Fränkische Tracht



 

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